Nun werden Sie nicht bei allen Menschen ein Reiss Motivation Profile®durchführen können. Aber allein dadurch, dass Sie das Modell der Lebensmotive kennen, wird es Ihnen möglich, anders nachzufragen oder andere Beobachtungen zu machen. Der sogenannte blinde Fleck, den wir alle in Bezug auf uns nicht zugängliche Beobachtungen haben, wird – zumindest was das umfangreiche Wissen rund um die Persönlichkeit des Menschen betrifft – durch die Kenntnis der Lebensmotive verringert.
Denn: Der Beobachter sieht nicht, dass er nicht sieht, was er nicht sieht.
Steven Reiss und seine Kolleg*innen haben mittlerweile mit mehr als 80 000 Personen aus Nordamerika, Europa und Asien das Reiss Motivation Profile® durchgeführt. Menschen unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Herkunft, mit unterschiedlichen Berufs- und Lebenssituationen haben ihre persönliches Reiss Motivation Profile® erstellt. Fast zwei Jahrzehnte haben Forschende daran gearbeitet, die Theorie der 16 Lebensmotive, die uns allen gemeinsam und tief verwurzelt in der menschlichen Natur sind, zu bestätigen.
Steven Reiss und seine Kolleg*innen sind an Menschen herangetreten mit einer Frage, anstatt mit einer vorgefertigten Meinung, mit dem Wunsch zu verstehen und herauszufinden, was Menschen antreibt, anstatt eine Theorie zu bestätigen. Steven Reiss und seine Kolleg*innen haben eine Frage gestellt und dann die Antworten gesammelt, die Frage lautete: ‚Was sind Ihre Ziele?’
Und bei der Auswertung dieser Frage ist klar geworden: Wir wollen alle das gleiche, aber in unterschiedlichem Ausmaß. Mit Hilfe des Reiss Motivation Profiles® ist es dadurch möglich, die menschliche Motivation zu verstehen. Wenn wir jemanden motivieren möchten, einen nahestehenden Menschen, eine*n Schüler*in oder eine*n Mitarbeiter*in, ist es also nützlich, sich auf das zu konzentrieren, was der betreffenden Person wichtig ist - die persönlichen Lebensmotive.
Steven Reiss´ These besagt, dass Menschen von Absichten und Werten angetrieben werden. Die beste Weise, Menschen zu verstehen, besteht darin, ihre Absichten, Lebensziele und Werte zu betrachten und zu versuchen, diese zu verstehen.
Steven Reiss beschreibt, dass es sich bei der Motivation um die Absicht handelt und nicht um einen mechanischen Ursache-Wirkungsprozess. Was meint er damit?
Um das menschliche Verhalten verstehen zu wollen, müssen wir herausfinden, was die Person zu erreichen versucht und was diese Person individuell antreibt und nicht an das zu appellieren, was für uns selbst wichtig erscheint.
Ein Beispiel hierfür wäre ein Arbeitgeber, der versucht, die Mitarbeiter*innen mit Hilfe von Boni zu motivieren. Aber nur manche Mitarbeiter*innen werden von finanziellen Extrazuwendungen motiviert werden. Andere werden von dem Bedürfnis, sich kompetent zu fühlen, angetrieben und wieder andere sind motiviert von dem Bedürfnis, der Gesellschaft in irgendeiner Form zu dienen.
Wir sollten also die der Person eigenen, individuellen und persönlichen Werte ansprechen. Viel zu oft versuchen wir andere zu motivieren, indem wir uns auf unsere eigenen Werte beziehen, anstatt uns tatsächlich auf die Wirklichkeit eines anderen Menschen einzulassen. Wenn Sie sich also das nächste Mal dabei ertappen, lange, appellierende, vielleicht sogar beschwörende Monologe zu halten, anstatt Fragen zu stellen und wieder Fragen zu stellen und aufmerksam zuzuhören, dann probieren Sie doch einmal offene Fragen – sogenannte W-Fragen (was, wie wo, wann, wer ...) aus. Und lassen Sie sich davon überraschen, was dann alles möglich wird.