
Carola klingelt schnell und entschlossen. Sie weiß, dass etwas nicht stimmt. Sabrina hat sie vorhin mit zittriger Stimme angerufen. Jetzt steht sie vor ihr, die Haare verstrubbelt und die Augen rot vom Weinen. Schluchzend zieht sie ihre Freundin in die Wohnung. „Was ist denn passiert?“ Sabrina beginnt zu erzählen.
Zuerst versteht Carola den gefühlt zusammenhanglosen Inhalt der auf sie einprasselnden Rede überhaupt nicht. Daher bittet sie die vollkommen aufgelöste Freundin, doch einmal der Reihe nach zu berichten.
„Ok, ich versuche es,“ beginnt Sabrina einen neuen Anlauf. „Jetzt bin ich schon bald sieben Jahre in dieser Firma. Ich habe mich echt krumm gemacht und jetzt? Ich darf hier nur noch den Mist machen und Tom ist das alles völlig egal. Als wir nur sechs Leute waren, da haben wir alles zusammen gemacht. Wir haben Ideen entworfen, coole Projekte umgesetzt, so manches auch wieder verworfen. Wir waren ständig im Austausch. Hey, wir haben die Firma auf 28 Leute hochgezogen! Und jetzt? Jetzt kriege ich Tom kaum noch zu Gesicht. Ich kann machen, was ich will. Ich kriege noch nicht mal mehr eine Rückmeldung zu meiner Arbeit. Was soll ich denn noch machen?“
„Hmmm,“ meint Carola. „Habt ihr da mal drüber gesprochen?“
„Ja. Ich habe es einfach nicht mehr ausgehalten. Gestern bin ich zu ihm hin und habe ihm gesagt, wie sehr mich sein Verhalten verletzt. Dass ich mir den Hintern aufreiße und einfach nichts mehr zurückgemeldet bekomme. Dass ich es echt doof finde, dass wir kaum noch ins Gespräch kommen, um die Firma noch erfolgreicher weiterzuentwickeln. Ganz ehrlich, ich habe ihm auch gesagt, dass ich für den Aufbau wohl gut genug gewesen bin und er jetzt die Lorbeeren dafür allein erntet.“
„Das sind starke Worte. Ganz schön mutig. Was hat er denn gesagt?“
„Er hat überhaupt nicht verstanden, was ich von ihm will. Guckte mich an wie ein Auto und sagte ´ist doch alles gut´. Nee, ist es nicht.“ Und schon fließen wieder die Tränen.
„Hör mal Sabrina. Ich habe dir doch von Steven Reiss erzählt. Der wollte rauskriegen, was Menschen motiviert. Und ich glaube, dass du und Tom beim Umgang mit Anerkennung komplett unterschiedlich gestrickt seid. Schau mal, ich habe die Reiss Motivation Profile®-App auf meinem Handy. Installier die doch mal kurz bei dir, in der Zeit mache ich uns einen Tee.“
Wenig später sitzen die beiden Freundinnen zusammen auf dem Sofa. Sabrina beantwortet die 128 Fragen und erhält nach nur wenigen Minuten ihr Reiss Motivation Profile®. Carola ist nicht überrascht, dass Sabrinas Profil im Bereich „Anerkennung“ eine starke Ausprägung zeigt. Das heißt so viel wie, dass sie ein Mensch ist, der immer wieder die Bestätigung braucht, dass sie richtig unterwegs ist. Sie gibt ihrer Freundin den Rat, auch Tom den Fragebogen machen zu lassen.
Nur wenige Tage später steht eine fröhliche Sabrina vor Carolas Tür. Strahlend berichtet sie, dass Tom im Lebensmotiv „Anerkennung“ komplett konträr zu ihr unterwegs ist. Im Gegensatz zu ihr legt er wenig Wert auf Lob und Anerkennung. Er geht sehr selbstsicher mit den Dingen um und dachte immer, dass das für Sabrina genauso ist. Sie weiß jetzt, dass Tom es nicht böse meint und sie nicht bewusst links liegen gelassen hat. Gemeinsam hätten sie vereinbart, dass Tom und sie nun regelmäßig Feedbackrunden einbauen – allerdings in einem gesunden Rahmen, so dass er sich nicht genötigt und sie sich nicht vernachlässigt fühlt.