Vom Generationenkonflikt zur gemeinsamen Vision: wie unterschiedliche Welten zusammenfinden

Wie weit dürfen wir gehen, um die Welt zu retten? Diese Frage spaltet nicht nur die Gesellschaft, sondern auch Familien. Wenn die Enkelin – hoch motiviert durch ihren ausgeprägten Idealismus – ihren Großvater mit Vorwürfen konfrontiert, wird schnell klar: Was für die eine Generation Fortschritt war, bedeutet für die nächste Zerstörung. Doch was passiert, wenn beide Seiten innehalten und versuchen, einander einmal wirklich zuzuhören?

· 5 Min Lesezeit

Der Generationenkonflikt am Familientisch

Es ist ein herrlicher Sonntagnachmittag, als Emma und ihr Großvater Karl nach dem Mittagessen am Küchentisch sitzen. Emma, eine selbstbewusste junge Frau kurz vor ihrem Abschluss in Umweltwissenschaften, hält es nicht länger aus. Ihr Reiss Motivation Profile® zeigt, dass sie in ihrem Leben stark durch einen hoch ausgeprägten Idealismus-Gedanken motiviert wird. Seit Monaten beschäftigt sie ein Thema, das ihr keine Ruhe lässt: die Umweltzerstörung, die ihrer Meinung nach größtenteils der Generation ihres Großvaters zuzuschreiben ist. Dann platzt es aus ihr heraus: „Opa, wie konntet ihr das nur zulassen?“ beginnt sie und ihre Augen funkeln vor Leidenschaft. „Ihr habt die Natur ruiniert! Ihr habt uns die Zukunft genommen!“

Karl, ein Mann in seinen späten Siebzigern, hat eine lange Karriere im Bauwesen hinter sich. Er hat einen starken Realitätssinn; oder um mit dem Reiss Motivation Profile zu sprechen: Sein Idealismus-Motiv ist niedrig ausgeprägt.  Er erinnert sich an die Zeiten des Wirtschaftswunders, als das Land aus den Trümmern des Krieges wiederaufgebaut wurde. Für ihn ist Fortschritt immer gleichbedeutend gewesen mit Wachstum und Wohlstand. Er setzt seine Kaffeetasse ruhig ab und schaut seine Enkelin mit einem milden Lächeln an. „Emma, wir haben damals das Beste getan, was wir konnten. Für uns ging es ums Überleben. Wir haben das Land aufgebaut, Arbeitsplätze geschaffen und den Wohlstand, von dem du heute profitierst.“

Der brennende Wunsch nach Gerechtigkeit – das Zusammentreffen zweier Welten

Emma spürt, wie in ihr die Wut aufsteigt. „Aber Opa, das ist doch nicht fair! Ihr habt das alles auf Kosten der Natur getan. Wir müssen jetzt die Trümmer eures Fortschritts beseitigen. Das ist ungerecht! Wir kämpfen um eine lebenswerte Zukunft, aber ihr habt uns diesen Kampf erst aufgezwungen!“ Karl seufzt tief. Für ihn sind Emmas Worte schwer zu verstehen. Er hat seine Lebensarbeit nie als zerstörerisch gesehen, sondern als Teil eines notwendigen Fortschritts. „Emma, du musst verstehen, dass wir damals andere Prioritäten hatten. Alles lag in Schutt und Asche. Da spielte der Naturschutz keine große Rolle. Es ging um das Überleben, um den Wiederaufbau nach dem Krieg. Wir hatten keine andere Wahl.“

Während die beiden weiterdiskutieren, betritt Emmas Mutter, Susanne, den Raum. Sie hat die hitzige Diskussion mitbekommen und kann die Spannung kaum ertragen. Sie stellt sich zwischen die beiden und hebt die Hände, um den Streit zu beenden. „Hört doch auf! Merkt ihr eigentlich, dass ihr beide recht habt? Ihr redet aneinander vorbei, weil ihr in verschiedenen Welten lebt. Emma, du siehst die Zukunft und was nötig ist, um sie zu retten. Und Papa, du siehst das, was ihr aufgebaut habt und verstehst, wie viel Arbeit und Entbehrung dahinterstecken. Aber vielleicht liegt die Lösung ja genau darin, dass ihr euch mal wirklich zuhört.“

Wenn Generationen zusammenarbeiten

Karl und Emma sehen einander überrascht an. Es stimmt – jeder von ihnen hat seine eigene Wahrheit, aber ist es möglich, diese zu vereinen? Emma spürt, wie ihre Wut langsam nachlässt. Sie hat ihren Großvater immer geschätzt und will nicht, dass dieser Streit zwischen ihnen steht. „Opa, ich verstehe, dass ihr hart gearbeitet habt. Ihr habt dadurch nicht nur euch, sondern auch uns den heutigen Wohlstand ermöglicht. Aber wir müssen jetzt Verantwortung übernehmen und etwas ändern. Ich will nicht gegen dich kämpfen, vielleicht können wir ja zusammenarbeiten.“

Karl nickt langsam. „Vielleicht hast du recht. Ich habe immer gedacht, dass wir alles richtig gemacht haben, aber die Zeiten ändern sich. Wenn du eine bessere Welt schaffen willst, dann werde ich dich unterstützen. Aber lass uns auch meine Erfahrungen nutzen, um Fehler zu vermeiden, die wir damals gemacht haben.“

Gemeinsam für eine gerechtere Zukunft

Die beiden setzen sich wieder an den Tisch und beginnen, einen Plan zu schmieden. Emma erklärt ihrem Großvater, wie sie sich für nachhaltige Bauweisen und alternative Energien einsetzen will, und Karl bringt seine jahrzehntelange Erfahrung aus dem Bauwesen ein, um ihr zu helfen, realistische Lösungen zu finden. Susanne lächelt zufrieden, als sie sieht, wie die beiden beginnen, miteinander zu arbeiten statt gegeneinander. Sie weiß, dass es nicht einfach sein wird, aber es ist der erste Schritt auf einem Weg, der beide Generationen verbinden kann.

Am Ende des Tages haben Emma und Karl nicht alle ihre Differenzen gelöst, aber sie haben etwas viel Wichtigeres gewonnen: das Verständnis dafür, dass die Welt nicht durch Konfrontation, sondern durch Zusammenarbeit verbessert werden kann. Und dass auch Menschen mit einer grundverschiedenen Motivstruktur harmonisch zusammenarbeiten und sogar voneinander profitieren können. Emma wird von einem starken Idealismus angetrieben, der ihren Wunsch nach Gerechtigkeit zu einer moralischen Verpflichtung macht. Für sie geht es darum, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren und eine gerechtere Zukunft zu gestalten. Im Gespräch mit ihrem Großvater hat sie allerdings gelernt, dass ihr Idealismus nicht im Widerspruch zu einem gesunden Realitätssinn steht, sondern diese ergänzt. Indem sie die Weisheit der Älteren mit ihrem eigenen Eifer kombiniert, hat sie erkannt, dass ihr Idealismus zur Brücke werden kann, die Generationen verbindet und echten Wandel ermöglicht.

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